Meldung

Schmerzmedizin: Begeisterte Teilnehmer bei der interdisziplinären Fallbesprechung

Im Moorheilbad Harbach fand am 20. Oktober 2018 das erste interaktive Seminar „Praktische Schmerzmedizin“ statt. Die 40 Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen waren von der praxisnahen Ausrichtung der interdisziplinären Fallbesprechung begeistert.

„Praktische Schmerzmedizin – Lernen am Fallbeispiel“ lautete das Thema der Veranstaltung. Für die Organisation und den Inhalt war Frau OÄ Dr. Waltraud Stromer (Vizepräsidentin und Vorsitzende der Sektion Schmerz der ÖGARI, Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft, schmerzmedizinische Konsiliarärztin im Moorheilbad Harbach) verantwortlich. Sie leitete gemeinsam mit Prim. ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Aigner (Facharzt für Psychiatrie, Landesklinikum Tulln) das Seminar. Anhand von praktischen Fallbeispielen, zum Teil auch unter Beteiligung von Patienten, wurden schmerzmedizinische Inhalte interaktiv dargestellt und basierend auf einem ganzheitlichen Therapiekonzept diskutiert. Dieses berücksichtigt körperliche, psychische und soziale Aspekte des Patienten und umfasst schulmedizinische als auch naturheilkundliche Behandlungen.

Der Patient mit seinen individuellen Bedürfnissen sollte bei jeder schmerzmedizinischen Intervention im Mittelpunkt stehen: „Eine achtsame und respektvolle Beziehung auf Augenhöhe ist die Grundlage für das Erreichen der Therapieziele – eine Verbesserung der Lebensqualität, der Funktionalität und der Schlafqualität.“, betont OÄ Dr. Stromer.

Rund 1,8 Millionen Menschen sind in Österreich von chronischen Schmerzen betroffen. Davon haben sich bei 350.000 bis 400.000 Personen die Schmerzen als eigenes Krankheitsbild, der Schmerzkrankheit, verselbstständigt. „Von einer flächendeckenden, leitliniengerechten Versorgung aller Schmerzpatienten ist Österreich noch weit entfernt.“, so OÄ Dr. Waltraud Stromer. Im Moorheilbad Harbach werden Schmerzpatienten im Sinne einer multimodalen Schmerztherapie während des stationären Aufenthaltes behandelt. „Eine strukturierte Anamneseerhebung mit einer evidenzbasierten Behandlung im interdisziplinären Team wird ebenso angeboten, wie auch die interprofessionelle Besprechung komplexer Fälle unter der Supervision von OÄ Dr. Stromer. Die Verbesserung der Lebensqualität, die Erhaltung der Selbstständigkeit älterer Patienten und die Wiederherstellung der Funktionalität mit rascher Wiedereingliederung in die Arbeitswelt ist unser oberstes Ziel.“, so Prim. Dr. Johannes Püspök (Ärztlicher Leiter des Moorheilbades Harbach). Ein weiterer Schwerpunkt ist die Fort- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Schmerzmedizin, welche im Gesundheitszentrum angeboten wird.

Es ist geplant, die interdisziplinäre Fallbesprechung auch zukünftig in regelmäßigen Abständen zu veranstalten. In den Pausen des Seminars sorgte das Küchen- und Serviceteam des Moorheilbades Harbach für die Verpflegung der Teilnehmer mit regionalen, biologischen Köstlichkeiten aus dem „Ökologischen Kreislauf Moorbad Harbach“. 

Fallbeispiel: Patient mit Schmerzen in der Lendenwirbelsäule

Anhand der Schmerzanamnese von anwesenden Live-Patienten wurden evidenzbasierte Kenntnisse in der Behandlung unterschiedlicher Schmerzarten vermittelt:

Ein Patient mit Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, die trotz Einnahme verschiedener Analgetika seit Jahren bestehen und in die Beine ausstrahlen, erhielt aufgrund zweier unterschiedlicher Schmerzarten eine Kombination von Schmerzmitteln, wobei deren Dosierung an die bekannte Nierenfunktionsstörung angepasst werden musste. Nozizeptive Schmerzen bedingt durch die vorhandene schwere Wirbelgelenksarthrose und der neuropathische Schmerz ausgelöst durch eine Irritation von Nervenwurzeln wurden anhand der geschilderten Schmerzqualitäten unterschieden. Der nozizeptive Schmerz wird als drückend, ziehend, stehend und klopfend empfunden, der neuropathische Schmerz als einschießend, elektrisierend, brennend, kribbelnd und krampfartig. Entsprechend der Schmerzstärke erhielt der Patient eine Kombination aus einem Nicht-Opioid wie Metamizol, einem starken Opioid und Medikamente, welche speziell zur Behandlung von Nervenschmerzen angewendet werden. Physikalische und psychotherapeutische Maßnahmen wurden parallel dazu verordnet. Unter regelmäßiger Kontrolle wurden die Medikamente in der Dosierung an die Schmerzstärke und Schmerzqualität angepasst. Letztendlich kam es zur erkennbaren Schmerzreduktion und zur deutlichen Verbesserung der Lebensqualität. Dadurch, dass der Patient sich wieder mehr bewegen konnte, wurde auch das Gewicht reduziert, was wiederum das Wohlbefinden verbesserte. Schmerzfreiheit war nie das angestrebte Ziel, sondern die Verbesserung der Lebensqualität und der Lebensfreude.

Über das Moorheilbad Harbach

Das Moorheilbad Harbach bietet langjährige Erfahrung in der Gesundheitsvorsorge, Kur- und Rehabilitationsmedizin. Durch Maßnahmen der Orthopädischen Rehabilitation verbessern die Patienten nach Operationen, (Sport-)Verletzungen oder Unfällen aber auch bei chronischen Wirbelsäulenbeschwerden die Mobilität und Lebensqualität wieder. In Zusammenarbeit mit der Pensionsversicherungsanstalt wird das Programm „Gesundheitsvorsorge Aktiv“ angeboten. Dabei steht die Verbesserung der Lebensstilfaktoren Bewegung, Ernährung und Mentale Gesundheit, neben der Behandlung des Grundleidens im Bewegungs- und Stützapparat, im Mittelpunkt. Für die Betreuung von Patienten mit chronischen Schmerzen wurde der Behandlungsschwerpunkt „Schmerztherapie“ geschaffen. Bei der Behandlung dieser Patienten arbeiten Schmerzmediziner, -therapeuten und -coaches, Allgemeinmediziner, Klinische- und Gesundheitspsychologen und Physiotherapeuten intensiv mit den Patienten.

Foto v.l.n.r.: Prim. ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Aigner, OÄ Dr. Waltraud Stromer, Prim. Dr. Johannes Püspök

© Moorheilbad Harbach

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